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Die Totenehrung

Die Trauerfeier für die verstorbenen Gesellschaftsmitglieder der MLG wird seit vielen Jahrzehnten Totenehrung genannt. Der Anlass, bei dem auch verstorbenen Maskenschwestern gedacht wird, findet jeweils unmittelbar nach Allerheiligen statt. Er hat sich im Laufe der Jahrzehnte von einer aufwendigen, sprachgewaltigen Feier zu einer schlichten und ruhigen Gedenkrunde entwickelt.

Interessanterweise wurde die Totenehrung bislang in keiner der vier erschienenen Jubiläumsschriften anlässlich von 100, 150 oder 175 Jahre Bestehen der Gesellschaft als Thema aufgearbeitet oder beschrieben. Und dies, obwohl die Gedenkfeier ein fester und traditioneller Bestandteil eines Gesellschaftsjahres ist.

Mit zahlreichen Dokumenten aus den Anfangszeiten der Maskenliebhaber-Gesellschaft der Stadt Luzern lässt sich nachzeichnen, dass dem Andenken eines verstorbenen Maskenbruders stets grosse Bedeutung beigemessen wurde. Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts beispielsweise hatte sich in der Gesellschaft der konkrete Wunsch entwickelt, den Verstorbenen in besonderer Weise zu gedenken. Und so wurde dem Maskenbruder Edwin Kamer der Auftrag erteilt, dies an die Hand zu nehmen. Treibende Kraft als Initiant und Förderer war hierbei Ehrenpräsident Karl Weidmann. Er war auch der Spender der drei sich noch heute in Gebrauch befindenden bronzenen Feuerschalen. MBr Edwin Kamer fasste die Bedeutung der Totenehrung wie folgt zusammen: «Möge die Feier fortan dazu beitragen, die Erinnerung an unsere heimgegangenen Gesellschaftsmitglieder wachzuhalten und die Freundschaftsbande zwischen den Zurückgebliebenen enger zu knüpfen.»

Die Totenehrung von 1934 wurde erstmals mit dem neuen Ablauf durchgeführt. Auf mehreren Seiten wurde von Edwin Kamer in der Folge im Januar 1935 niedergeschrieben, wie die besagte Totenfeier abgelaufen war und wie sie auch in Zukunft abgehalten werden soll. Dies war an der darauffolgenden Monatsversammlung so entschieden worden. Das Text- und Ablaufbuch wurde zudem in aufwendiger Art auf grossformatiges, schweres Papier lithografiert, mit einem von MBr Hans Zürcher gestalteten Titelblatt versehen und an die Maskenbrüder überreicht. Einige dieser Exemplare sind nach wie vor im Archiv vorhanden.

Das Hauptgewicht wurde vom Verfasser auf einen Text, ein Rollenspiel von drei Sprechern und drei Sprecherinnen gelegt. Der niedergeschriebene Text ist von Maskenbrüdern als erster, zweiter und dritter Sprecher, sowie von drei Maskenschwestern ebenfalls als erste, zweite und dritte Sprecherinnen, vorgetragen worden. Die archivierten Dokumente mit dem vollständigen Sprechtext können hier in digitalisierter Version nachgelesen werden. Festgelegt wurde auch, wie der Gesellschaftssaal für die Totenehrung gestaltet, eingerichtet werden muss.

Die Tische im Saal wurden in Hufeisenform aufgestellt und in der Mitte einer Tischreihe befand sich jeweils eine der drei kleinen, bronzenen Feuerschalen, die extra zu diesem Zweck angeschafft wurden. Es mussten die Türen zum seinerzeit noch vorhandenen kleinen Saal ausgehängt und der Türrahmen mit einem «dunklen Vorhang» versehen werden. Vor dem Vorhang wurde ein mit Teppich bedecktes Podest platziert, darauf der Stuhl mit Namen und Familienwappen des Verstorbenen. Die Stuhllehnen «mit grünem Reis» (gemeint ist wohl: Reisig, dünne Äste) und schwarzem Trauerflor ausgestattet, bzw. bekränzt. Auf der Sitzfläche wurde ein Porträtfoto des verstorbenen Maskenbruders platziert. Handelte es sich beim Verstorbenen um einen Altpräsidenten, so wurde der Stuhl zusätzlich auch mit der Präsidentenkette geschmückt. Neben dem Stuhl wurde die Fahne der Gesellschaft aufgestellt, davor wurde die grosse bronzene Opferschale platziert, die von Präsident Jacques Tobler gespendet worden war. Die Feier wurde wie heute musikalisch umrahmt, sei dies mit Cello, Klavier, Violine oder Trompete oder gemäss Quellen gar einmal mit einem Familienorchester.

Speziell war, dass in früheren Jahren – anders als in der Gegenwart – auch Maskenschwestern, die Königsböögg-Gruppe sowie eine Fahnendelegation gemäss einem bestimmten Ritual an der Totenehrung teilgenommen hatten. Erwähnenswert ist, dass in der Zeit vor der Neuordnung der Totenehrung 1934 an der eigentlichen Bestattung der Leichnam durch freiwillige Maskenbrüder, mit Entgelt durch einen kleinen symbolischen Beitrag aus der Gesellschaftskasse, auf den Gottesacker getragen wurde. Der Weibel hatte zudem sämtliche Mitglieder zum Begräbnis einzuladen. Und es war vorgesehen, beim Begräbnis fünf heilige Messen lesen zu lassen, «je nach dem Stand des Gesellschaftsvermögens».

Im Laufe der Jahre hat sich die Totenehrung verändert, die Gedenkfeier wurde der Zeit angepasst und vereinfacht. Jedoch ist der Grundgedanke stets respektiert und entsprechend tradiert worden. Ehrenmaskenbruder Hans-Ruedi Weidmann kann sich gut daran erinnern, dass «sicher bis ins Jahr 1989/90» an der Totenehrung drei Maskenbrüder die Sprecherrollen wahrgenommen hatten.

Gedanken zur heutigen Form der Totenehrung
Hans-Ruedi Weidmann ist mit Jahrgang 1934 und MLG-Eintritt 1960, im Jahrgang der Urbenjamine, eines der ältesten Mitglieder der Gesellschaft. Er hat nicht nur die hier vorliegende Geschichte der Totenehrung recherchiert, sondern macht sich auch Gedanken zur Zukunft der traditionellen Gedenkfeier und formuliert seine persönlichen Wünsche zu deren künftigen Ausgestaltung.

«Die Totenehrung hat seit jeher grosser Bedeutung in unserer Gesellschaft und die Teilnahme an dieser sollte für alle Maskenbruder Ehrensache sein. Denn im Nekrolog blickt man auf die Lebenswerke der verstorbenen Gesellschaftsmitglieder zurück und so erfahren dort auch Maskenbrüder jüngeren Jahrgangs einiges über sie.»

Hans-Ruedi Weidmanns Haltung zu Ablauf und Ausgestaltung der Totenehrung deckt sich weitgehend mit der Beschreibung im obigen historischen Kapitel: «Die Maskenbrüder erscheinen im dunklen Anzug, die Saalbeleuchtung ist dunkel-gedimmt. Die Tische im Saal werden in Form eines E aufgestellt, darauf platziert werden die bronzenen Feuerschalen. Vorne steht der Präsidentenstuhl, versehen mit Trauerflor und einem Porträtfoto des Verstorbenen. Das Rednerpult steht für den Verfasser des Nekrologes parat, dieser stammt im Idealfall aus dem Jahrgang des Verstorbenen. Sprecher des Vorstandes tragen den abgeänderten, der heutigen Zeit entsprechenden überlieferten Text vor, die Feier wird musikalisch umrahmt. Am Ende verlässt man den Saal stillschweigend. An der Totenehrung wird auch der verstorbenen Maskenschwestern gedacht.»

Allein der Gang der Zeit bewegt vieles. Die Spanne zwischen Tradition und Zeitgeist ist nicht immer einfach in Einklang zu bringen. Die Maskenliebhaber-Gesellschaft der Stadt Luzern wird sich dank den gelebten Freundschaften in diesem Spannungsfeld auch weiterhin selbstbewusst und aufgeschlossen behaupten.

Quellenrecherche und Text zum Kapitel «Die Totenehrung»: EMbr Hans-Ruedi Weidmann.
– Redaktion und Ergänzungen: MBr Jérôme Martinu, August/September 2023